„Die Schaffung digitaler Nutzungs- und Zugangsformen ist kein Ersatz für den Erhalt und die Benutzbarkeit von Schriftgut in seiner Originalsubstanz, insbesondere wenn es sich um unikales Kulturgut handelt“ – so schön behördendeutsch klingt es im Grundlagenpapier „Archiv- und Bibliotheksgut schonend digitalisieren“. Verfasst wurde es von dem Bestandserhaltungsausschuss der Konferenz der Leiterinnen und Leiter der Archivverwaltungen des Bundes und der Länder, der Bundeskonferenz der Kommunalarchive beim Deutschen Städtetag und last but not least der Kommission Bestandserhaltung des Deutschen Bibliotheksverbandes. Ein Papier, an dem man als Digitalisierungs-Dienstleister natürlich nicht vorbei kann.

Wie schon in unserem Bericht zum 7. Bibliothekskongress in Leipzig  angesprochen, nimmt die mengenhafte Digitalisierung von Schriftgut als Fachaufgabe eine immer wichtigere Stellung ein. Dem fachlich angemessenen und schonenden Umgang mit den Originalen gilt dabei der besondere Fokus  des Prozesses. Digitalisierungs-Experte Simon Schwinge kommentiert das so: „Jeder Bestand ist anders. Einen gängigen, universell einsetzbaren Arbeitsablauf gibt es einfach nicht. Daher stellen wir in enger Absprache mit jedem Kunden (dem dortigen Ansprechpartner, Restaurator oder Leiter der Werkstätten) einen individuell angepassten Workflow auf. Auch während des Digitalisierungsprozesses ist eine permanente Abstimmung von Nöten. Jeder zu öffnende Archivkarton, jede Transportkiste oder jedes in Folierung und Schuber verpackte Buch kann Stolpersteine in Form potentieller Schadquellen beinhalten.“

Besondere Anforderungen für den Umgang mit den Originalen ist Teil des Digitalisierungsprozess

Technik und Ergebnis müssen korrespondieren

Die Fachleute, die das Grundlagenpapier zur Digitalisierung erstellt haben, sind sich der angesprochenen Probleme sehr wohl bewusst – schreiben aber auch richtigerweise, dass Digitalisierungsprojekte nicht nur ein Risiko und eine Herausforderung für die Erhaltung von Beständen darstellen, sondern auch eine bedeutende Chance bedeuten. Hochwertige Digitalisate können vor allem auch als Schutzmedien eingesetzt werden, so dass die Benutzung gefährdeten Schriftguts im Original ausschließlich auf einen besonderen Bedarf eingeschränkt werden kann. Dies setze voraus, so die Autoren, dass zur Gewährleistung der hierfür unbedingt erforderlichen Bildwiedergabequalitäten (Auflösung, Farbmanagement etc.) konsequent entsprechende Anforderungen an die technischen Rahmenbedingungen bei der Digitalisierung gestellt werden.

Um zu vermeiden, dass Schriftgut in Archiven und Bibliotheken mehrfach digitalisiert werden muss, ist vor allem die langfristige Erhaltung und Zugänglichkeit der Digitalisate eine elementare Maßnahme zum Schutz der Originale. Und noch entscheidender: Sie bieten neue, komfortable und insbesondere ortsunabhängige Benutzungsmöglichkeiten. Allerdings gilt ebenso, dass sie Workflows beinhalten müssen, die für konservatorische Maßnahmen wie Verpackung oder Reinigung gleich mitgenutzt werden können.

Die Planung von Digitalisierungsvorhaben erfordert daher in der Regel lange Vorlaufzeiten. Die jeweils für die Bestandserhaltung zuständigen Fachabteilungen, Referate oder Personen sowie – wenn vorhanden – die hauseigenen Restaurierungswerkstätten sollten von Anfang an eingebunden werden und beim Gespräch mit einem externen Dienstleister mit am Tisch sitzen.

Was bei diesen Rahmenbedingungen für Anforderungen an die Arbeitsplätze herrschen und wie man diese erfolgreich einsetzen kann, werden wir im zweiten Teil unseres Beitrags zum Grundlagenpapier zu lesen sein.